Siehe Antragstext und mündliche Einbringung
| Weiterer Antrag: | Für eine leistungsfähige und verlässliche Schienenverbindung Hannover–Hamburg |
|---|---|
| Antragsteller*in: | Peter Dörsam (KV Harburg-Land) |
| Status: | Geprüft |
| Eingereicht: | 02.11.2025, 18:47 |
| Weiterer Antrag: | Für eine leistungsfähige und verlässliche Schienenverbindung Hannover–Hamburg |
|---|---|
| Antragsteller*in: | Peter Dörsam (KV Harburg-Land) |
| Status: | Geprüft |
| Eingereicht: | 02.11.2025, 18:47 |
Für leistungsfähige und verlässliche Schienenverbindungen in Niedersachsen!
Ausgangslage:
Das niedersächsische Klimaschutzgesetz sieht für Niedersachsen das Erreichen der Klimaneutralität im Jahre 2040 vor. Um dies zu erzielen muss gerade im Verkehrssektor noch sehr viel geschehen. Zentraler Faktor ist die Elektrifizierung des Individualverkehrs. Aber auch der Bahn kommt eine sehr wichtige Rolle zu, denn die Bahn ist selbstverständlich deutlich energieeffizienter und umweltschonender als der Individualverkehr.
Aktuell erleben wir aber eine massive Krise bei der Bahn. Aufgrund von fehlendem Personal, nicht ausreichenden Streckenkapazitäten, mangelnder Wartung, veralteter Infrastruktur, unzureichenden Bahnhofskapazitäten und vieler weiterer struktureller Probleme hat die Unpünktlichkeit Rekordwerte erreicht. In der aktuellen Situation werden Kund*innen eher vergrault als geworben – und das trotz der Einführung des „Deutschlandtickets“.
Ziel muss es daher sein, in den kommenden 15 Jahren die Attraktivität der Bahn möglichst schnell wieder zu verbessern.
Eine Neubaustrecke von Hamburg nach Hannover hilft hierbei leider gar nicht. Denn erst wenn weit nach 2040 das letzte Gleis gelegt wäre, würde eine Verbesserung des Bahnverkehres spürbar werden.
Klimaneutralität 2040: Umwelt- und Naturschutz nicht gegen Klimaschutz ausspielen!
Als Bündnispartei setzen wir seit jeher auf die Expertise der Umweltverbände BUND und NABU. Beide haben mehrfach öffentlich ihre deutlich ablehnende Haltung zum Trassenneubau zwischen Hamburg und Hannover aufgrund der starken Eingriffe in Natur und Umwelt sowie der damit verbundenen Folgen für unser Klima bekundet.
Die Befürworter*innen eines Trassenneubaus führen trotzdem weiterhin regelmäßig die Klimaneutralität 2040 als Hauptargument für eine Neubautrasse ins Feld. Eine Fertigstellung der Neubaustrecke bis 2040 ist aber gänzlich unrealistisch – eine Einsparung von CO2 bis zum Jahr 2040 daher logischerweise auch.
Das Gegenteil ist sogar der Fall: Der Bau der Neubaustrecke würde zunächst erhebliche zusätzliche CO2-Emissionen verursachen. Einen positiven Beitrag zum Erreichen der Klimaneutralität 2040 kann eine Neubaustrecke daher überhaupt nicht leisten.
Eine Klimabilanz wurde bisher überhaupt nicht erstellt. Für die Neubaustrecke Hannover-Bielefeld hat eine entsprechende Untersuchung ergeben, dass die Gesamtbilanz dieser Neubaustrecke negativ ausfällt.
Generalsanierung maximal nutzen – für mehr Verkehre auf der Schiene jetzt!
Die momentan für 2029 geplante Generalsanierung der Strecke Hamburg – Hannover stellt eine erhebliche Belastung für die Menschen in Niedersachsen dar. Es wäre mehr als eine vertane Chance, wenn die Sperrung mit der aktuell angedachten Dauer von einem halben Jahr nicht gleichzeitig für Kapazitätserweiterungen auf der Strecke genutzt werden würde.
Hierzu müssen die beim Ausbauprogramm „Alpha-E“ beschlossenen und vorgesehenen Maßnahmen umgesetzt bzw. sinnvolle Vorarbeiten für ebendiese Maßnahmen angegangen werden. Denn das Maßnahmenbündel „Alpha E“ beinhaltet nicht nur Kapazitätssteigerungen auf der Strecke Hamburg - Hannover, sondern darüber hinaus viele weitere Maßnahmen zur Verbesserung des Schienenverkehrs in Niedersachsen – und damit für ganz Deutschland.
Für uns GRÜNE ist daher klar: Bereits nach Abschluss der Generalsanierung muss es deutliche Verbesserungen und Kapazitätserweiterungen geben!
In einer endlichen Welt gilt es immer die vorhandenen Ressourcen möglichst effizient einzusetzen. Sowohl die finanziellen Mittel, als aber auch die Planungskapazitäten und die Kapazitäten der Baufirmen sind begrenzt. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es weitaus dringendere Vorhaben bei der Bahnsanierung und beim Bahnausbau als etliche Milliarden sowie Planungs- und Baukapazitäten für eine Neubaustrecke zu binden, nur um in ferner Zukunft vielleicht einige Minuten schneller von Hamburg nach Hannover zu kommen. Allein für die Neubaustrecke ist mit Kosten von über 5 Mrd. € zu rechnen. Bei den Maßnahmen für Alpha-E hat die Bahn hingegen für das dritte Gleis von Lüneburg nach Uelzen Kosten von 0,476 Mrd. € und für die Blockverdichtungen auf allen Strecken zusamen Kosten von 0,27 Mrd. € ermittelt.
Daher: Alpha E jetzt!
Um eine schnellstmögliche Umsetzung der Maßnahmen des Ausbauvorhabens Alpha-E zu erreichen fordern wir:
Die Bundes- und die Landtagsfraktion setzen sich für die schnellstmögliche Umsetzung der Maßnahmen des Ausbauvorhabens Alpha-E ein.
Dies sind insbesondere:
• 3. Gleis Lüneburg – Uelzen: Kapazitätserhöhung (Engpassbeseitigung) auf der Strecke Hamburg – Lüneburg – Hannover
• 2. Gleis Rotenburg – Verden: Kapazitätserhöhung (Engpassbeseitigung) auf der Streck Hamburg – Rotenburg – Hannover
• Elektrifizierung der Amerikaline (Uelzen – Langwedel) und zusätzliche Kreuzungsbahnhöfe
• Verschiedene kapazitätsteigernde niederschwellige Maßnahmen (Blockverdichtung, Überholbahnhöfe, Überwerfungsbauwerke) auf verschiedenen Streckenabschnitten.
Auf dem Abschnitt Ashausen – Lüneburg sind zudem die fehlenden Weichen und ein Überwerfungsbauwerk zu ergänzen.
Kapazitäten und Prognosen:
Der Ausbau Alpha-E wurde 2015 im Rahmen des Dialogforums Schiene Nord vom Bundesgutachter bewertet. Basis der Bewertung waren die prognostizierten Verkehre für das Jahr 2030. Der Bundesgutachter kam zum Ergebnis, dass die Engpässe mit dem vorgelegten und beschlossenen Maßnahmenbündel Alpha E aufgelöst sind.
Bei den Güterverkehren auf der Strecke Hamburg – Hannover handelt es sich ganz überwiegend um Hafen-Hinterland Verkehr des Hamburger Hafens. Die vom Gutachter verwendete Prognose sah mehr als eine Verdopplung der Containerumschläge im Hamburger Hafen von 2010 - 2030 vor (Anm. d. Verf.: +107%). In der Zeit von 2010 - 2024 gab es allerdings überhaupt keine Steigerung des Containerumschlags im Hamburger Hafen. Außerdem wird es in den kommenden Jahren aufgrund der Energiewende einen starken Rückgang bei den fossilen Massengütern (Kohle, Koks, Mineralölprodukte) geben. Die neusten und aktuellsten Prognosezahlen für 2040 bestätigen diesen Trend.
Die zusätzlichen Verkehre aufgrund der Fertigstellung des Fehmarnbelttunnels sind bereits in die Auslegung von Alpha-E mit eingeflossen. Allerdings machen diese zusätzlichen Verkehre nur 0,6 % der von Hamburg nach Süden prognostizierten Güterzüge aus.
Alpha-E ist also für Prognosezahlen im Güterverkehr entwickelt worden, die 2030 nicht annähernd erreicht werden und auch für 2040 utopisch sind. Entsprechend enthält Alpha-E deutliche Reserven bei den Trassenkapazitäten.
Aus Sicht des Klimaschutzes ist eine Abnahme bzw. geringere Zunahme der Verkehre sicherlich zu begrüßen. Es ist nicht wirklich notwendig, dass ein Großteil der Produkte die wir konsumieren zunächst eine Reise um die halbe Welt unternehmen. Wie die Coronazeit gezeigt hat, kann die damit verbundene Abhängigkeit zudem enorme Risiken bergen. Sollten widererwartend die Verkehre in der Zukunft übermäßig stark ansteigen, sollte ein weiterer Ausbau alternativ zu einer Neubaustrecke geprüft werden. Eine derartige Formulierung ist auf Wunsch der Bahn auch Bestandteil des Abschlussdokumentes des Dialogforums Schiene Nord.
Unser GRÜNES Ziel muss sein:
Umweltverträgliche kleinere Baumaßnahmen im Sinne von Mensch, Natur und Klima zur schnellen Verbesserung des Bahnverkehrs.
Der Landesvorstand wird daher aufgefordert, zeitnah Vorschläge für kleinere Maßnahmen, die zur schnellen Verbesserung des Bahnverkehres in Niedersachsen führen, zu sammeln. Die Maßnahmen werden in Zusammenarbeit mit der LAG Mobilität und Verkehr erarbeitet und ausgewertet. Die Bundes- und Landtagsabgeordneten werden gebeten, sich für eine schnelle Umsetzung der als sinnvoll erachteten Maßnahmen einzusetzen.
Exemplarisch sind nachfolgend 2 solcher Maßnahmen aufgeführt:
Überwerfungsbauwerk Meckelfeld:
Die Planfeststellungsunterlagen für dieses Vorhaben wurden noch 2021 genehmigt. Trotzdem hat die Bahn das Vorhaben jetzt auf Eis gelegt und plant es erst für die ferne Zukunft. Aktuell müssen hier Güterzüge die aus Richtung Bremen kommen die Strecke Hamburg – Lüneburg kreuzen. Hierbei legt ein Zug während der Überfahrt die ganze Strecke lahm. Das Überwerfungsbauwerk würde daher die Betriebsqualität deutlich erhöhen. Zudem ist es die Voraussetzung für die Reaktivierung der Strecke Buchholz – Jesteburg – Harburg für den Personenverkehr. Mit dieser Reaktivierung könnte die Heidebahn auch in der Woche bis Harburg oder Hamburg durchgebunden werden. Das Umsteigen in Buchholz würde entfallen und die Fahrzeiten nach Hamburg würden deutlich sinken. So könnte nicht nur Soltau, sondern es könnten alle Orte an der Heidebahn deutlich besser nach Hamburg angebunden werden.
Bahnsteig an Gleis 9 im Hamburger Hauptbahnhof:
Hierbei handelt es sich streng genommen um kein Projekt in Niedersachsen. Allerdings stammen die betroffenen Pendler hauptsächlich aus Niedersachsen. Die Bahn beschreibt dieses Projekt selbst folgendermaßen: "Am Gleis 9 – bisher ein Durchfahrtsgleis für Güterzüge – entstehen zusätzliche Ein- und Ausstiegsmöglichkeiten für Bahnreisende. Dadurch werden die übrigen Bahnsteige entlastet und Personenströme entzerrt. Das Durchfahrtsgleis 10 wird dafür zurückgebaut und an seiner Stelle ein neuer Bahnsteig errichtet. Einfahrende Züge lassen sich so flexibler auf die Gleise verteilen, und betriebliche Abläufe verbessern.“1)
Dieses Projekt wurde bereits vor 7 Jahren in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans aufgenommen. Trotzdem hat die Umsetzung immer noch nicht begonnen.
Wer schon einmal die chaotischen Verhältnisse am Nadelöhr Hamburger Hauptbahnhof während der Hauptverkehrszeiten erlebt hat, hat sicherlich keinerlei Verständnis, warum ein derartiges Projekt nicht schnellstmöglich umgesetzt wird.
Die Menschen in Deutschland wollen zurecht endlich Verbesserungen im täglichen Bahnverkehr. Eine Neubaustrecke, die vielleicht in 25 Jahren oder auch nie fertig wird, hilft hier nicht. Angesichts der dramatischen Lage müssen jetzt alle Ressourcen auf die kurz- und mittelfristig möglichen Verbesserungen konzentriert werden.
Daher: Alpha E jetzt!
1) https://www.mehr-bahn-fuer-hamburg.de/die-projekte/hamburg-hauptbahnhof.html
Siehe Antragstext und mündliche Einbringung