| Veranstaltung: | LDK-Wolfsburg-2025 |
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | 8. Weitere Anträge |
| Antragsteller*in: | Dara Ali Bako (KV Oldenburg-Stadt) |
| Status: | Eingereicht |
| Eingereicht: | 26.10.2025, 17:31 |
WA24: Humanität und Verantwortung – Abschiebestopp für Jesid*innen in Niedersachsen jetzt!
Antragstext
Die Landesdelegiertenkonferenz fordert die Landesregierung auf, sich für einen
sofortigen Abschiebestopp für Jesid*innen aus dem Irak einzusetzen und diesen
notfalls landesrechtlich anzuordnen.
Zugleich soll sich die Landesregierung auf Bundesebene für eine einheitliche,
humanitäre Regelung und eine dauerhafte Schutzperspektive für Jesid*innen
starkmachen und im Bundesrat den grünen Gesetzentwurf zur „Änderung des
Aufenthaltsgesetzes – Aufenthaltsrecht für Jesidinnen und Jesiden“ (BT-Drs.
21/795) unterstützen.
Wir fordern:
Einen sofortigen Abschiebestopp für Jesid*innen aus dem Irak gemäß § 60a
Abs. 1 AufenthG.
Den von der grünen Bundestagsfraktion eingebrachten Gesetzentwurf zur
Änderung des Aufenthaltsgesetzes (BT-Drs. 21/795), der die besondere
Schutzbedürftigkeit von Jesid*innen anerkennt und ihre
Aufenthaltssicherheit stärkt, im Bundesrat aktiv zu unterstützen und zu
fördern.
Die Aussetzung laufender Rückführungsverfahren bis zur Klärung der Lage.
Den Aufbau eines speziellen Aufnahmeprogramms für jesidische Frauen, die
Opfer von Versklavung und sexualisierter Gewalt durch den sogenannten IS
geworden sind.
Eine engere Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Organisationen und
den jesidischen Verbänden in Deutschland.
Einen sofortigen Stopp der unmenschlichen Abschiebepraxis, insbesondere
jener Verfahren, bei denen Menschen in Verwaltungseinrichtungen von der
Polizei überrascht und unmittelbar abgeschoben werden. Solche
Vorgehensweisen untergraben das Vertrauen in staatliche Institutionen,
verletzen die Würde der Betroffenen und widersprechen dem Gebot eines
fairen, rechtsstaatlichen Verfahrens.
Begründung
Im Januar 2023 hat der Deutsche Bundestag die Verbrechen der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) an der Minderheit der Jesid*innen im Irak als Völkermord anerkannt. Etwa 10.000 Männer wurden ermordet, rund 7.000 Frauen und Kinder verschleppt, gefoltert und versklavt – mindestens 2.000 Menschen gelten bis heute als vermisst. Dieses beispiellose Menschheitsverbrechen zielte auf die vollständige Vernichtung der jesidischen Gemeinschaft.
Auch nach der militärischen Niederlage des IS bleibt die Lage der Jesid*innen im Irak äußerst unsicher: In der Sindschar-Region verhindern Milizen, anhaltende Sicherheitsrisiken und wiederkehrende Angriffe – teils durch iranische und türkische Militäroperationen – eine sichere Rückkehr. Mehr als 200.000 Binnenvertriebene, darunter viele Jesidinnen, leben weiterhin in Lagern ohne Perspektive, ohne fließendes Wasser und Strom. Diskriminierung, Ausgrenzung und religiöse Hetze von Islamisten dauern an; Suizide aufgrund von Hoffnungslosigkeit sind in den IDP-Camps erschreckend häufig.
Deutschland trägt – auch aufgrund seiner historischen Verantwortung – eine besondere Pflicht, Überlebende von Völkermord und systematischer Gewalt zu schützen. Der Bundestag hat mit der Anerkennung des Völkermords ein klares politisches Signal gesetzt: Jesid*innen müssen besonderen Schutz erhalten. Dennoch erhielten 2023 nur rund 53 % der jesidischen Schutzsuchenden aus dem Irak einen Schutzstatus. Diese restriktive Praxis steht im Widerspruch zu dem Beschluss des Bundestages und führt zu erneuter Angst und Schutzlosigkeit innerhalb der Community.
Die wiederaufgenommenen Abschiebungen in den Irak haben in der jesidischen Gemeinschaft in Deutschland erhebliche Verunsicherung ausgelöst. In mehreren Bundesländern kam es zu Protesten, die teils zu temporären Abschiebestopps führten. Ein bundesweiter Stopp scheitert bisher am fehlenden Einvernehmen zwischen den Ländern und dem Bundesinnenministerium.
Als Partei, die sich zu Menschenrechten, Völkerrecht und humanitärer Verantwortung bekennt, dürfen wir diese Situation nicht hinnehmen! Ein zeitweiliger Abschiebestopp ist ein notwendiges und humanitäres Signal: Er schützt die Betroffenen und schafft zugleich Raum für eine einheitliche bundespolitische Lösung.
Die Länder haben nach § 60a Abs. 1 AufenthG die Möglichkeit, aus völker- oder menschenrechtlichen Gründen einen Abschiebestopp anzuordnen. Diese Kompetenz muss im Sinne des Schutzes der Jesid*innen genutzt werden – bis der Bund eine umfassende, humanitäre Bleiberegelung schafft.
Unterstützer*innen
- Nujdar Saed (KV Oldenburg-Stadt)
- Maik Niederstein (KV Oldenburg-Stadt)
- Gule Saed (KV Oldenburg-Stadt)
- Marvin Jonas Laesecke (KV Oldenburg-Stadt)
- Corinna Meyer (KV Oldenburg-Stadt)
- Gabriele Bunse (KV Oldenburg-Stadt)
- Katharina von Dach (KV Oldenburg-Stadt)
- Markus Klatte-Schür (KV Oldenburg-Stadt)
- Johanna Schneider (KV Oldenburg-Stadt)
- Jannik Lichtenfeld (LV Grüne Jugend NdS)
- Nina Nakonetzki (LV Grüne Jugend NdS)
- Hubert Hill (KV Oldenburg-Stadt)
- Katharina Garves (KV Oldenburg-Stadt)
- Simon Ruppel-Schwing (KV Oldenburg-Stadt)
- Birgit Schlobohm (KV Oldenburg-Stadt)
- Anja-Katharina Neukirch (KV Oldenburg-Stadt)
- Jule Tappe (KV Oldenburg-Stadt)
- Rossella Leonforte (KV Harburg-Land)
- Klaudia Maria Hanisch (KV Göttingen)
- Elke Roskosch-Buntemeyer (KV Oldenburg-Stadt)
- Axel Kittel (KV Oldenburg-Stadt)
- Berit Müller (KV Oldenburg-Stadt)
- Malte Christiansen (KV Oldenburg-Stadt)
- Alaa Alhamwi (KV Oldenburg-Stadt)
- David Köhler (KV Ammerland)
- Zofia Heitmann (KV Osnabrück-Land)