| Veranstaltung: | LDK-Wolfsburg-2025 |
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | 8. Weitere Anträge |
| Antragsteller*in: | Landesarbeitsgemeinschaft Sport (dort beschlossen am: 20.03.2025) |
| Status: | Eingereicht |
| Eingereicht: | 06.10.2025, 16:30 |
WA1: Kooperationsoffensive für Sportvereine im Ganztag
Antragstext
Bündnis 90/Die Grünen Niedersachsen übernehmen das von der
Landesarbeitsgemeinschaft Sport am 20.03.2025 beschlossene Positionspapier
„Kooperationsoffensive für Sportvereine im Ganztag“:
Im September 2021 hat auch der Bundesrat dem Kompromissvorschlag des
Vermittlungsausschusses zum Ganztagsförderungsgesetz zugestimmt. Dieses tritt
zum 01.08.2026 in Kraft und enthält erstmals einen Rechtsanspruch auf
Ganztagsbetreuung für Grundschüler*innen. Das Gesetz regelt den
Betreuungsanspruch schrittweise. Ab dem Schuljahr 26/27 haben alle
Erstklässler*innen einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung, zum Schuljahr
27/28 werden es dann also zwei Jahrgänge sein, zum Schuljahr 28/29 drei
Jahrgänge und ab dem Schuljahr 29/30 dann alle vier Jahrgänge bzw. alle
Grundschüler*innen.
Diese Bundesgesetzgebung stellt die Länder und die Kommunen vor erhebliche
Herausforderungen, so auch das Land Niedersachsen. Der Rechtsanspruch, der
fortan im Achten Sozialgesetzbuch (SGB VIII) geregelt werden soll, sieht einen
Betreuungsanspruch von acht Stunden an fünf Schultagen in der Woche vor. Aktuell
sind ca. 70% der ca. 1700 Grundschulen in Niedersachsen Ganztagsgrundschulen,
30% noch nicht. Doch für den weiteren Ausbau der Ganztagsgrundschulen benötigt
es auch außerschulische Kooperationspartner*innen, die Ganztagsangebote schaffen
oder sogar Träger*in des Ganztagsangebotes werden. Ein wichtiger Schlüssel dazu
ist der Sport bzw. sind die über 9.000 Sportvereine in Niedersachsen.
Durch den Rechtsanspruch werden viele Grundschüler*innen noch deutlich mehr Zeit
in der Schule verbringen. Umso wichtiger ist es, dass ein erheblicher Anteil
dieser Zeit zu Bewegungszeit wird. Besonders Grundschüler*innen brauchen viel
Bewegung und Sport, um gesund aufzuwachsen. Diese Bewegungszeit muss sich
vermehrt auch in der regulären Schulzeit bzw. in bewegten Pausen, Schulsport
etc., aber vor allem in den Ganztagsangeboten wiederfinden. Ob Bewegung
allgemein oder ein frühes Kennenlernen verschiedener Sportarten: Beides ist
wichtig, damit der Zugang zu Bewegung schon in jungen Jahren gegeben ist. Das
vom Niedersächsischen Kultusministerium initiierte Programm "Bewegte, gesunde
Schule Niedersachsen“ unterstützen wir daher ausdrücklich.
Gleichzeitig kann die Begeisterung für eine Sportart ein guter Grundstein für
künftige Spitzensportler*innen aus Niedersachsen sein, der unsere volle
Unterstützung verdient. Grundschulen, die diese Bewegungsangebote nicht aus sich
selbst heraus ausreichend leisten können, sind auf außerschulische Partner*innen
angewiesen. An dieser Stelle sind die Sportvereine gefragt. Schon jetzt zeigen
viele Sportvereine, wie sie den Ganztag an Schulen sinnvoll unterstützen oder
sogar in Gänze organisieren können. Prominente Beispiele dafür sind der ASC
Göttingen und der Turn-Klubb zu Hannover, die beide mittlerweile an vielen
Grundschulen tätig sind und somit zu einem der größten Träger in ihrer
jeweiligen Kommune geworden sind. Die Situation ist allerdings regional sehr
unterschiedlich. In einigen Kommunen ist die Zahl der Ganztagsgrundschulen sehr
hoch, in anderen wiederum noch sehr gering. In einigen Kommunen ist der Sport
schon fester Bestandteil der Träger*innenlandschaft, in anderen spielt er noch
gar keine Rolle. Besonders in ländlichen Regionen sind Kooperationen zwischen
Schulen und Sportvereinen im Ganztagsbereich noch sehr ausbaufähig. Die
fehlenden Kooperationen im ländlichen Raum scheitern häufig nicht am fehlenden
Willen der Beteiligten, sondern an den Umständen. Das Niedersächsische
Kultusministerium erarbeitet daher bereits in Zusammenarbeit mit den wichtigen
Stakeholdern Fortbildungsmöglichkeiten für das nichtlehrende Personal an
Schulen. Diese Initiative unterstützen wir sehr.
Wir wollen sowohl die Grundschul- als auch die Sportvereinslandschaft stärken.
Das gelingt nur, wenn alle Grundschulen und alle Sportvereine die
Herausforderungen des Rechtsanspruchs bewältigen und für sich nutzen können.
Alle Grundschulen brauchen ein attraktives Ganztagsangebot, alle Sportvereine
müssen die Chance bekommen, sich in diesem Bereich einzubringen. Wir verfolgen
einen quartiersbezogenen Ansatz, nach dem versucht werden soll, dass
Grundschulen mit den Sportvereinen, die bei ihnen in der Nähe sind, zu
kooperieren. Es kann nicht das Ziel sein, dass nur Großsportvereine zu
Kooperationspartnern des Ganztags werden und mittlere und kleinere Vereine somit
an Bedeutung und Zuwachs verlieren. Der erste Schritt muss sein, dass alle
Sportvereine zu Träger*innen der freien Jugendhilfe werden.
Modelle und Best Practices können identifiziert und umgesetzt werden. Dazu
gehört die Förderung von Austauschplattformen, die Vernetzung von Schulen und
Sportvereinen sowie die Bereitstellung von Unterstützungs- und
Beratungsangeboten für interessierte Akteur*innen. Dazu gehören die
Bereitstellung von finanziellen Mitteln für Kooperationsprojekte, die Förderung
von Weiterbildungsmaßnahmen für Lehrkräfte und Übungsleiter*innen sowie die
Schaffung von Rahmenbedingungen, die eine langfristige Zusammenarbeit
ermöglichen und erleichtern. Eine attraktive Vergütung des betreuenden
Ganztagspersonals kann insbesondere für kleine Vereine eine Möglichkeit sein,
Personal aus den eigenen Reihen zu gewinnen. Eine gute Möglichkeit für Kommunen
und Schulen ist die Erprobung von peer-to-peer-Ansätzen. Schüler*innen von
weiterführenden Schulen können ausgebildet werden, um im Team mit Lehrkräften
oder Beschäftigten im Ganztag Bewegungs- und Sportangebote zu machen. Konzepte
liegen bereits vor oder werden im Rahmen von Sporthelfer*innen in manchen
Bundesländern bereits erfolgreich gelebt.
Die Zusammenarbeit von Schulen mit Sportvereinen bietet vielfältige Vorteile für
Kommunen, darunter die Erweiterung des Angebots an Bewegungs- und
Sportaktivitäten, die Förderung von sozialen und motorischen Kompetenzen der
Schüler*innen sowie die Stärkung des Gemeinschaftsgefühls und der
Schulidentität. Durch diese Zusammenarbeit können Schulen und Kommunen einen
positiven Beitrag zur Gesundheitsförderung und zur Förderung der Lebensqualität
in der Kommune leisten.
Die Sportjugend Niedersachsen hat bereits 2023 eine Arbeitsgruppe “Umgang der
Sportorganisation mit dem Rechtsanspruch auf Ganztagsförderung ab 2026” ins
Leben gerufen. Daraus hat sich u.a. der Qualifizierungslehrgang “Berater*in im
Ganztag” entwickelt - ein Erfolgsmodell, durch das ein großflächiges
Beratungsangebot für alle Sportvereine entstanden ist. So können Sportvereine,
die noch nicht im Ganztag tätig sind, von der Expertise anderer Vereine
profitieren.
Für uns als Bündnis 90/Die Grünen Niedersachsen ist klar: Der organisierte Sport
kann mit seinen Sportvereinen zu einem Schlüssel für eine breit aufgestellte und
verlässliche Ganztagsbetreuung werden. Dafür braucht es den Sport selbst, die
Kommunen und die Politik. Der Sport hat diese Chance vielerorts schon erkannt
und arbeitet daran, sich in der Fläche zu qualifizieren. Kommunen und Politik
sind nun gefordert, diese Bereitschaft zu nutzen und überall, wo es möglich ist,
Kooperationen zwischen Kommune und Sportverein zu schaffen. Besonders in den
Kommunen, in denen der Bedarf besonders groß ist, braucht es umgehend eine
initiative Einbeziehung der Sportvereine durch die Kommunen und die Schulen.
Eine Kooperationsoffensive für Sportvereine im Ganztag hat für alle Beteiligten
nur Vorteile:
- Die Kommunen können ihre Träger*innenlandschaft so breiter aufstellen und jede
Grundschule bei der Suche nach passenden Träger*innen unterstützen
- Die Sportvereine entwickeln sich weiter und bauen ihre Attraktivität sowie ihr
Mitgliedspotential aus
- Die Schüler*innen profitieren von einer breiteren Angebotsvielfalt und
insbesondere von mehr Bewegungs- und Sportangeboten