| Veranstaltung: | LDK-Wolfsburg-2025 |
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | 8. Weitere Anträge |
| Antragsteller*in: | LAG Migration und Flucht (dort beschlossen am: 25.10.2025) |
| Status: | Eingereicht |
| Eingereicht: | 25.10.2025, 20:33 |
WA20: Teilhabe sichern, Antidiskriminierung stärken – Niedersachsen als Gesellschaft der Vielen gestalten
Antragstext
Die Landesdelegiertenkonferenz bekräftigt die Bedeutung der im Koalitionsvertrag
2022–2027 vereinbarten Maßnahmen für eine Gesellschaft der Vielen. Wir
unterstützen unsere rot-grüne Landesregierung darin, die dort festgeschriebenen
Vorhaben zur Stärkung von Teilhabe und Antidiskriminierung entschlossen
umzusetzen.
1. Ein entscheidender Schritt ist dabei die Verabschiedung eines
Landespartizipationsgesetzes. Es soll die gleichberechtigte Teilhabe aller
Menschen in Niedersachsen festschreiben und dabei die im Koalitionsvertrag
benannten Punkte konkret umsetzen: die nachhaltige Absicherung der
Migrationsberatung, die Fortschreibung des Landesaktionsplans gegen Rassismus,
den Aufbau eines landesweiten Netzwerks von Antidiskriminierungsstellen mit
zentralem Beschwerdemanagement, die Stärkung von
Migrant*innenselbstorganisationen und des Flüchtlingsrats Niedersachsen, die
interkulturelle Öffnung der Verwaltung mit klaren Zielvorgaben sowie den
zweijährlichen Partizipationsbericht des Landesamts für Statistik.
2. Ebenfalls dringend erforderlich ist die Einführung eines
Landesantidiskriminierungsgesetzes, das Betroffenen verlässlichen Schutz und
Rechtsansprüche garantiert. Das bestehende Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz
(AGG) schützt nicht vor Diskriminierung durch staatliche Stellen – genau hier
ist ein Landesgesetz notwendig, um Lücken zu schließen und allen Menschen einen
wirksamen Rechtsschutz zu ermöglichen.
3. Zudem muss die im Koalitionsvertrag zur Prüfung zugesagte Verbesserung der
gesundheitlichen Versorgung von Menschen ohne Krankenversicherung umgesetzt
werden.
4. Wir fordern außerdem, dass die Mindeststandards in Geflüchtetenunterkünften
verbindlich eingehalten werden und das Land die Kommunen bei der Umsetzung
tatkräftig unterstützt. Gerade für vulnerable Gruppen gilt es, Schutzkonzepte
verlässlich umzusetzen.
5. Unter Berücksichtigung aktueller Entwicklungen erwarten wir darüber hinaus,
dass Niedersachsen neue Aufnahmeprogramme auflegt, um humanitäre Verantwortung
zu übernehmen. Besonders aktuell ist die Aufnahme von Kindern aus Gaza und
Israel. Hier hat die Stadt Hannover gemeinsam mit einer Reihe weiterer Städte
bereits die Bereitschaft signalisiert, Kinder aufzunehmen. Damit diese kommunale
Initiative realisiert werden können, brauchen sie eine Weichenstellung durch das
Land.
6. Wir stellen uns entschieden gegen die Wiedereröffnung von Ausreisezentren.
Diese Einrichtungen bedeuten eine Freiheitsbeschränkung und verringern die
Integrations- und Teilhabechancen der betroffenen Menschen erheblich. Statt auf
Abschreckung und Zermürbung zu setzen, braucht Niedersachsen eine
menschenrechtsbasierte Geflüchtetenpolitik, wie sie bereits mit dem
Paradigmawechsel der rot-grünen Koalition 2013 eingeleitet wurde.
Begründung
Mit dem Koalitionsvertrag haben SPD und Grüne in Niedersachsen ein klares Bekenntnis abgelegt: Vielfalt anerkennen, Teilhabe sichern und Diskriminierung entschieden entgegentreten. Diese Vereinbarungen sind ein starkes Fundament, doch sie müssen jetzt sichtbar umgesetzt werden.
Die gesellschaftliche Lage macht deutlich, wie dringend dies ist: Menschen erleben Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit im Alltag und gerade auch in staatlichen Strukturen. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) schützt jedoch nicht vor Diskriminierung durch öffentliche Stellen – genau deshalb ist ein Landesantidiskriminierungsgesetz so notwendig. Nur so können Betroffene wirksam Rechtsschutz erfahren und Vertrauen in die Institutionen des Landes gestärkt werden.
Gleichzeitig brauchen wir eine echte Politik der Teilhabe. Ein starkes Partizipationsgesetz schafft dafür die strukturelle Grundlage: von der Absicherung der Beratungsstellen über den Landesaktionsplan gegen Rassismus bis hin zum Partizipationsbericht. So wird Teilhabe nicht nur versprochen, sondern konkret verankert.
Auch im Bereich der Gesundheitsversorgung sind sichtbare Fortschritte überfällig. Menschen ohne Krankenversicherung. Die Einführung einer G esundheitskarte ist eine Frage der Menschenwürde und der öffentlichen Gesundheit. Zugleich muss das Land die Einhaltung der Mindeststandards in Geflüchtetenunterkünften gewährleisten. Es ist nicht akzeptabel, dass die Lebensbedingungen von Geflüchteten von den jeweiligen Ressourcen einzelner Kommunen abhängen.
Schließlich geht es um Menschenrechte und unsere internationale Verantwortung. Angesichts der dramatischen Situation in Gaza haben bereits zahlreiche Städte – nach dem Vorbild von Hannover – ihre Bereitschaft erklärt, Kinder aus Gaza und Israel aufzunehmen. Niedersachsen darf hier nicht abseitsstehen, sondern muss diese Initiative aktiv unterstützen und durch ein Landesaufnahmeprogramm verstärken.
Viele Menschen in Niedersachsen warten auf konkrete Fortschritte. Wer Diskriminierung erfährt, wer in unsicheren Unterkünften lebt oder wer ohne Krankenversicherung ist, braucht sichtbare politische Verbesserungen – nicht irgendwann, sondern jetzt. Als Partei wollen wir unsere Regierung dabei bestärken, diese Vorhaben entschlossen umzusetzen, damit Rot-Grün am Ende der Legislaturperiode eine Bilanz bei Schutz und Teilhabe vorweisen kann, die Vertrauen stärkt, gesellschaftlichen Zusammenhalt sichert und Niedersachsen als demokratisches, solidarisches und vielfältiges Land sichtbar macht.